Noch vor Imperien und Königen,
vor Töpferei und Schrift,
vor Metallwerkzeugen und Waffen
gab es Käse.
Schon 8000 v. Chr.
begannen Bauern der Jungsteinzeit
im Fruchtbaren Halbmond
ein Vermächtnis der Käseherstellung,
fast so alt wie die Zivilisation selbst.
Mit dem Aufstieg der Landwirtschaft
domestizierte man Schafe und Ziegen,
deren Milch die damaligen Bauern nutzten.
Doch ließ man frische Milch
ein paar Stunden in der Wärme stehen,
dann wurde sie sauer.
Durch die Milchsäure gerinnen Proteine
und verbinden sich zu weichen Klümpchen.
Als die Bauern diese
seltsame Verwandlung entdeckten,
gossen sie die Restflüssigkeit ab,
die später Molke genannt wurde.
Sie bemerkten, dass die weichen
gelblichen Klümpchen streichfähig waren
und sich frisch essen ließen.
Diese Klümpchen -- nämlich Quark --
wurden zu den Bausteinen von Käse,
der gelagert, gepresst und gereift wird,
um eine bunte Fülle an Köstlichkeiten
aus Milch zusammenzustellen.
Die Entdeckung des Käses
gab Steinzeitmenschen
einen großen Überlebensvorteil.
Milch war reich an essentiellen Proteinen,
Fetten und Mineralien.
Aber sie enthielt auch
hohe Mengen an Laktose,
ein Zucker, der für viele Mägen
damals wie heute schwer verdaulich ist.
Käse dagegen konnte alle Vorteile
der Milch viel laktoseärmer bieten.
Da er sich konservieren und lagern ließ,
standen diese essentiellen Nährstoffe
in mitunter auftretenden Hungersnöten
und langen Wintern zur Verfügung.
Aus der Türkei stammende Tonscherben
aus dem 7. Jahrtausend v. Chr.
enthalten noch Spuren
von Käse und Butter.
Am Ende der Bronzezeit war Käse
eine Standardware des Seehandels
im gesamten östlichen Mittelmeerraum.
In den dicht besiedelten
Stadtstaaten Mesopotamiens
wurde Käse ein Hauptbestandteil
in Küche und Religion.
Einige der ältesten bekannten Schriften
enthalten Verwaltungseinträge
über Käsequoten,
Auflistungen vieler Käsesorten
für diverse Rituale und Bevölkerungen
in ganz Mesopotamien.
In den Aufzeichnungen
benachbarter Kulturen in der Türkei
finden sich Hinweise auf Lab.
Dieses tierische Nebenprodukt
aus den Mägen bestimmter Säugetiere
kann die Gerinnung
beschleunigen und steuern.
Als komplexes Hilfsmittel in der Käserei
wurde es schließlich weltweit bekannt
und ermöglichte eine Vielzahl
an neuen, härteren Käsen.
Obwohl einige konservative Esskulturen
diese Delikatesse ablehnten,
übernahmen viele andere den Käse
und fügten ihm bald
eigene regionale Aromen hinzu.
Mongolische Nomaden stellten aus Yakmilch
harte, sonnengetrocknete
Byaslag-Käseecken her.
Ägypter aßen gern
Hüttenkäse aus Ziegenmilch,
dessen Molke sie
durch Schilfmatten abgossen.
In Südasien brachte man Milch
mit einer Reihe Lebensmittelsäuren
wie Zitronensaft, Essig
oder Joghurt zum Gerinnen.
Die so entstehenden Panir-Käselaibe
wurden zum Trocknen aufgehängt.
Diesen weichen, milden Käse
fügte man Currys und Soßen bei
oder man briet ihn einfach
als schnelles vegetarisches Gericht.
Die Griechen stellten Blöcke
von Fetakäse in Salzlake her,
dazu eine härtere Variante,
ähnlich dem heutigen Pecorino Romano.
Diesen in Sizilien produzierten Reibekäse
verwendete man in Speisen
des gesamten Mittelmeerraums.
Unter römischer Herrschaft wurde
"trockener Käse" oder "caseus aridus"
zu einer lebenswichtigen Ration
für die fast 500.000 Soldaten,
die die ausgedehnten Grenzen
des Römischen Reiches bewachten.
Als das Weströmische Reich zerfiel,
entwickelte sich die Käserei
auf den Landgütern weiter,
die in Europa im Mittelalter
überall verstreut lagen.
In den hunderten
Benediktinerklöstern europaweit
experimentierten mittelalterliche Mönche
unablässig mit Milchsorten,
Käsereiverfahren und Alterungsprozessen.
Dem verdanken wir heute
viele beliebte Käsesorten:
Parmesan, Roquefort, Munster
und viele Schweizer Arten
wurden von den geistlichen Käseherstellern
verfeinert und perfektioniert.
In den Alpen war die Schweizer Käserei
besonders erfolgreich.
Hier entstand eine große Anzahl
an Kuhmilchkäsen.
Ende des 14. Jahrhunderts
brachte der Bergkäse aus der
Schweizer Region Greyerz so viel Gewinn,
dass ein Nachbarstaat
das Greyerzer Hochland überfiel,
um sich den zunehmenden Käsehandel
unter den Nagel zu reißen.
Während der Renaissance
blieb Käse beliebt.
In der industriellen Revolution
verlagerte sich die Produktion
von den Klöstern in Fabriken.
Heute werden jährlich weltweit
etwa 22 Milliarden Kilogramm Käse
produziert, verschifft und verzehrt.
Doch 10.000 Jahre nach seiner Erfindung
folgen regionale Bauern noch immer
der steinzeitlichen Tradition
und erzeugen eins der ältesten
und beliebtesten Lebensmittel von Hand.