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Welche Entdeckungen uns in der Dämmerzone des Meeres erwarten

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    Ich bin sicher, Sie alle sind mit
    diesen Bildern des Ozeans vertraut.
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    Aber tatsächlich
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    sieht der größte Teil des Ozeans
    vollkommen anders aus.
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    Unter dem lichtdurchfluteten
    Oberflächenwasser
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    liegt ein magisches Reich,
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    bekannt als „Dämmerzone”.
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    In 200 bis 1.000 Metern
    unter der Oberfläche
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    ist das Sonnenlicht nur noch
    ein schwacher Schimmer.
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    Winzige Partikel wirbeln
    durch die Dunkelheit hinab,
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    und das Aufblitzen von Biolumineszenz
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    lässt einen ahnen, dass diese Gewässer
    voller Leben stecken:
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    Mikroben, Plankton, Fische.
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    Alles, was hier lebt,
    ist fantastisch angepasst,
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    an die extremen Bedingungen
    dieser Umgebung.
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    Die Tiere helfen, Spitzenräuber
    wie Wale, Thunfische,
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    Schwertfische und Haie zu ernähren.
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    Möglicherweise gibt es hier
    zehnmal mehr Fisch-Biomasse,
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    als wir früher dachten,
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    vielleicht sogar mehr als in allen anderen
    Bereichen des Ozeans zusammen.
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    Es gibt unzählige unentdeckte
    Spezies in den tiefen Gewässern,
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    und das Leben in der Dämmerzone
    ist eng verknüpft mit dem Klima der Erde.
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    Und trotzdem ist die Dämmerzone
    praktisch unerforscht.
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    Es gibt so viele Dinge,
    die wir noch nicht wissen.
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    Ich denke, das können wir ändern.
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    Genau diese Art der Herausforderung
    hat mich zur Meeresforschung gebracht.
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    Das ist für mich das
    perfekte Zusammenspiel
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    von Wissenschaft, Technik
    und dem Unbekannten,
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    mit dem viele bahnbrechende Entdeckungen
    rund um das Leben auf der Erde begannen.
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    Als Studentin am College
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    nahm ich an einer
    Atlantik-Expedition teil,
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    zusammen mit einem Forscherteam,
    das mit Hilfe eines starken Lasers
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    mikroskopische Algen vermaß.
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    Das Verrückte bei dieser Reise war,
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    dass wir etwas entdeckten, das allen,
    die zuvor geforscht hatten, entgangen war:
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    fotosynthetische Zellen, kleiner als es
    irgendwer für möglich gehalten hätte.
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    Wir wissen inzwischen,
    dass diese winzigen Zellen
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    die häufigsten fotosynthetischen
    Organismen der Erde sind.
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    Diese unglaubliche Entdeckung gelang,
    weil wir neue Technologien benutzten,
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    um das Leben im Meer
    auf eine neue Art zu sehen.
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    Ich bin überzeugt, dass die Entdeckungen,
    die uns in der Dämmerzone erwarten,
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    genauso atemberaubend sein werden.
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    Wir wissen so wenig über die Dämmerzone,
    weil sie schwer zu untersuchen ist.
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    Sie ist außerordentlich groß,
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    sie reicht von der Arktis
    bis zum Südlichen Ozean
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    und rund um den Globus.
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    Sie ist an jedem Ort anders.
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    Sie verändert sich rasch mit
    der Bewegung des Wassers und der Tiere.
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    Sie ist tief, dunkel und kalt
    und die Druckverhältnisse sind gewaltig.
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    Das Wenige, was wir wissen,
    ist faszinierend.
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    Vielleicht malen Sie sich riesige Monster
    aus, die in der Tiefsee lauern,
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    aber die meisten
    der Tiere sind sehr klein,
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    so wie dieser Laternenfisch.
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    Und dieser grimmig dreinschauende Fisch
    heißt Borstenmaul.
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    Ob Sie es glauben oder nicht, dies sind
    die häufigsten Wirbeltiere der Erde,
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    und viele sind so klein, dass ein Dutzend
    davon in dieses Röhrchen passen würde.
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    Aber es wird noch spannender,
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    denn trotz der geringen Größe, sind sie
    stark, durch ihre schiere Menge.
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    Tief dringendes Echolot zeigt,
    dass die Tiere dichte Schichten bilden.
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    Hier sehen Sie das
    an den roten und gelben Bereichen
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    bei circa 400 Metern in dieser Grafik.
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    Von dieser Schicht
    wird soviel Schall reflektiert,
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    dass man sie fälschlich für
    den Meeresgrund gehalten hat.
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    Sieht man aber genau hin, ist das abwegig,
    denn diese Schicht ist tagsüber tief,
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    sie steigt nachts an,
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    und das Muster wiederholt sich jeden Tag.
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    Tatsächlich ist das
    die größte Tierwanderung der Erde.
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    Das geschieht täglich rund um den Globus.
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    Eine riesige lebende Welle
    gleitet durch die Weltmeere,
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    wenn die Bewohner der Dämmerzone
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    bei Nacht hunderte von Metern
    zur Oberfläche wandern, um zu fressen,
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    und tagsüber in die relative Sicherheit
    tiefer, dunkler Gewässer zurückkehren.
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    Diese Tiere und ihre Bewegungen
    leisten einen wichtigen Beitrag dazu,
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    die Oberfläche mit
    dem tiefen Ozean zu verbinden.
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    Die Tiere fressen nahe der Oberfläche
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    und bringen mit ihrem Futter
    CO2 in tiefere Gewässer,
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    wo ein Teil davon zurückbleibt
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    und für Jahrhunderte oder gar Jahrtausende
    von der Atmosphäre getrennt bleibt.
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    Auf diese Art könnte
    die Tierwanderung dabei helfen,
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    CO2 von der Atmosphäre fernzuhalten
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    und die Auswirkungen der Erderwärmung
    auf unser Klima einzugrenzen.
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    Aber es sind noch viele Fragen offen.
  • 4:45 - 4:47
    Wir wissen nicht, welche Spezies wandern,
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    welche Nahrung sie finden,
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    von wem sie gefressen werden
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    oder wieviel CO2
    sie transportieren können.
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    Ich bin eine Wissenschaftlerin,
    die das Leben im Meer untersucht.
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    Für mich ist die reine Neugier
    schon ein starker Antrieb,
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    aber noch etwas anderes motiviert mich.
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    Wir brauchen Antworten auf diese Fragen,
    und wir brauchen sie schnell,
  • 5:12 - 5:14
    denn die Dämmerzone ist in Gefahr.
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    Fabrikschiffe auf dem offenen Meer
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    haben schon hunderttausende Tonnen
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    kleiner, krabbenähnlicher Tiere
    namens Krill aus dem Ozean gepumpt.
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    Die Tiere werden zu Fischmehl zerrieben,
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    um den steigenden Bedarf an Aquakulturen
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    und an medizinischen Lebensmitteln
    wie Krillöl zu decken.
  • 5:31 - 5:35
    Die Industrie steht kurz davor,
    Fischerei wie diese
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    in mittlere Gewässer auszudehnen,
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    was zu einer Art Goldrausch
    der Dämmerzone führen könnte,
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    in Gebieten, die nicht im Geltungsbereich
    nationaler Fischereigesetze liegen.
  • 5:45 - 5:49
    Das könnte Meereslebewesen
    und Nahrungsnetze weltweit
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    unwiderruflich schwer beschädigen.
  • 5:52 - 5:55
    Wir müssen dem Schaden
    durch die Fischerei zuvorkommen
  • 5:55 - 5:58
    und daran arbeiten, diesen
    wichtigen Teil des Ozeans zu verstehen.
  • 5:59 - 6:01
    Bei Woods Hole Oceanographic Institution
  • 6:01 - 6:05
    habe ich das Glück, von Kollegen umgeben
    zu sein, die diese Leidenschaft teilen.
  • 6:06 - 6:07
    Wir sind bereit,
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    eine groß angelegte Untersuchung
    der Dämmerzone zu starten.
  • 6:11 - 6:12
    Wir haben einen Plan,
  • 6:12 - 6:15
    um direkt mit Expeditionen
    in den Nordatlantik zu beginnen,
  • 6:15 - 6:18
    wo wir uns der großen
    Herausforderung stellen wollen,
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    die bemerkenswerte Vielfalt der Dämmerzone
    zu beobachten und zu untersuchen.
  • 6:22 - 6:27
    Diese Art von mehrskaliger,
    mehrdimensionaler Forschung
  • 6:27 - 6:29
    erfordert den Einsatz neuer Technologien.
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    Ich zeige Ihnen mal ein neueres Beispiel,
    das unser Denken verändert hat.
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    Sonden mit Satellitenverfolgung,
    die wir zum Beispiel an Haien befestigen,
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    zeigen uns, dass viele Spitzenräuber
  • 6:42 - 6:45
    regelmäßig tief in die Dämmerzone
    tauchen, um zu fressen.
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    Wenn wir ihre Schwimm-Muster aufzeichnen
    und mit Satellitendaten vergleichen,
  • 6:50 - 6:52
    sehen wir, dass ihre Futter-Hotspots
  • 6:52 - 6:56
    in enger Verbindung mit Meeresströmungen
    und anderen Merkmalen stehen.
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    Früher dachte man, dass diese Tiere all
    ihre Nahrung im Oberflächenwasser finden.
  • 7:01 - 7:05
    Inzwischen glauben wir, dass sie
    von der Dämmerzone abhängig sind.
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    Aber wir müssen immer noch herausfinden,
    wie sie die besten Futterplätze finden,
  • 7:09 - 7:11
    was sie dort fressen,
  • 7:11 - 7:15
    und wie stark ihre Ernährung von
    den Spezies der Dämmerzone abhängt.
  • 7:16 - 7:21
    Wir brauchen auch neue Technologien,
    um die Beziehung zum Klima zu untersuchen.
  • 7:21 - 7:23
    Erinnern Sie sich an diese Partikel?
  • 7:24 - 7:28
    Einige von ihnen werden von gallertartigen
    Tieren produziert, sogenannten Salpidae.
  • 7:28 - 7:31
    Salpidae sind ein bisschen wie
    supereffiziente Staubsauger,
  • 7:31 - 7:36
    die Plankton aufsaugen und schnell
    sinkende Kack-Kügelchen ausscheiden. --
  • 7:36 - 7:38
    Sagen Sie das mal
    zehnmal schnell hintereinander. --
  • 7:38 - 7:42
    Kack-Kügelchen, die CO2 tief
    in den Ozean transportieren.
  • 7:43 - 7:46
    Gelegentlich finden wir Salpidae
    in riesigen Schwärmen.
  • 7:46 - 7:49
    Wir müssen wissen,
    wo und wann und warum,
  • 7:50 - 7:54
    und ob diese Art der Kohlenstoffsenke
    großen Einfluss auf unser Klima hat.
  • 7:55 - 8:00
    Für diese Aufgaben, müssen wir an
    die Grenzen des technisch Möglichen gehen.
  • 8:00 - 8:04
    Wir werden intelligente Roboter
    mit Kameras und Probenehmern ausstatten,
  • 8:04 - 8:08
    um mit ihrer Hilfe das geheime Leben
    von Tieren wie den Salpidae zu verfolgen.
  • 8:08 - 8:11
    Wir werden fortschrittliches
    Echolot benutzen,
  • 8:11 - 8:15
    um herauszufinden, wie viele Fische
    und andere Tiere da unten sind.
  • 8:15 - 8:20
    Wir werden in einer forensischen Analyse
    die DNA des Umfelds bestimmen,
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    um herauszufinden,
    welche Spezies es dort gibt
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    und was sie essen.
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    Bei so vielen Unbekannten
    in der Dämmerzone
  • 8:28 - 8:31
    sind die Möglichkeiten für
    neue Entdeckungen nahezu unbegrenzt.
  • 8:32 - 8:36
    Schauen Sie sich diese schönen,
    faszinierenden Wesen an!
  • 8:36 - 8:38
    Wir kennen sie kaum.
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    Stellen Sie sich vor, wie viele mehr
    da unten nur darauf warten,
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    dass unsere neuen Technologien sie sehen.
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    Die Begeisterung in unserem
    Team von Meereswissenschaftlern,
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    Ingenieuren und Kommunikatoren
    könnte gar nicht größer sein.
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    Aber es herrscht auch ein starkes
    Gefühl von Dringlichkeit.
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    Wir können die Uhr nicht zurück drehen
    für die Jahre der Überfischung
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    in unzähligen Gebieten des Ozeans,
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    der einst unerschöpflich schien.
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    Wie großartig wäre es, dieses Mal
    einen anderen Weg einzuschlagen?
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    Die Dämmerzone ist ein wahrhaft
    globales Allgemeingut.
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    Wir müssen sie zuerst
    kennen und verstehen,
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    bevor wir sie hoffentlich
    verantwortungsbewusst verwalten
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    und nachhaltig befischen können.
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    Das ist nicht nur
    eine Reise für Wissenschaftler,
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    sondern für uns alle.
  • 9:29 - 9:32
    Denn die Entscheidungen,
    die wir in den nächsten zehn Jahren
  • 9:32 - 9:34
    gemeinsam treffen,
  • 9:34 - 9:36
    bestimmen das Bild des Ozeans
  • 9:36 - 9:38
    für die folgenden Jahrhunderte.
  • 9:39 - 9:40
    Dankeschön.
  • 9:40 - 9:45
    (Applaus)
Title:
Welche Entdeckungen uns in der Dämmerzone des Meeres erwarten
Speaker:
Heidi M. Sosik
Description:

Was werden wir in der Dämmerzone finden, diesem gewaltigen, rätselhaften, nahezu unerforschten Reich hunderte von Metern unter der Meeresoberfläche? Heidi M. Sosik von Woods Hole Oceanographic Institution möchte es herausfinden. In ihrem mit Wundern gespickten Vortrag berichtet sie von ihrem Vorhaben, mithilfe von Unterwassertechnologien diese unergründeten Gewässer zu erforschen, die eine Million neuer Spezies und 90 Prozent der weltweiten Fisch-Biomasse enthalten könnten. Was wir dort finden, wird uns nicht nur in Staunen versetzen, so Sosik, sondern wird uns auch hefen, die Weltmeere besser zu schützen. (Dieses anspruchsvolle Vorhaben ist Teil des Audacious Project, einer TED-Initiative, um eine weltweite Kursänderung anzuregen und zu finanzieren.)

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
10:01

German subtitles

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