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www.youtube.com/.../watch?v=B1k3DkPuw2E

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    Mein Name ist Ji-Yoon An,
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    zurzeit bin ich als Juniorprofessorin
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    an der Nanyang Universität in Singapur.
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    Ich würde sagen, ich bin Wissenschaftlerin
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    spezialisiert in Koreanischer Film.
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    Meinen Doktor*innenabschluss habe ich
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    an der Universität Cambridge gemacht,
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    wo ich zeitgenössischen Film
    untersucht habe
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    beziehungsweise
    Koreanischen Film allgemein.
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    Koreanische Medien- oder
    Kulturwissenschaften
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    sind ein relativ kleines
    und wachsendes Fach.
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    Deshalb ist mein Forschungsinteresse
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    nicht auf Film beschränkt,
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    auch wenn meine akademische und
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    methodologische Ausbildung
    Filmwissenschaft ist.
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    Momentan arbeite und interesse
    ich mich für K-Drama.
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    genauso wie Koreanisches Kino.
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    Oh ja!
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    Ich habe alles auf einmal gebingt.
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    [lacht]
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    Ich war gerade auf dem Rückweg aus Korea.
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    Ich hatte einen neun Stunden Flug,
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    also habe ich alle neun Folgen geguckt.
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    Klar.
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    Als einfacher TV-Fan,
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    als normale Fernseh-Zuschauende
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    hat mir die Serie gefallen.
  • 1:13 - 1:15
    Sie war einfach zu bingen -
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    das ist ein Erfolg-Faktor gerade.
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    Eine Serie, die immer weitergeht und
    neugierig auf die nächste Folge macht.
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    Das hat Spaß gemacht,
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    es war unterhaltsam.
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    Aber aus akademischer Sicht
    hat es mich fasziniert,
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    weil die TV-Shows von Netflix,
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    sorry,
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    ich meine die koreanischen Dramen,
    die Netflix produziert,
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    sind sehr anders als
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    die lokalen K-Drama-Produktionen.
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    Wenn man sich Squid Game anschaut,
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    reiht es sich zu den Filmen ein,
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    die man sonst nicht
    im koreanischen Lokal-TV sieht.
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    Das war für mich
    ein interessantes Phänomen.
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    Ich meine, die Themen -
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    Kritik an Kapitalismus,
    Klassenunterschiede -
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    diese Themen sind gerade überall aktuell.
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    Die Idee,
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    ein Spiel als Metapher
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    für eine kapitalistische Gesellschaft,
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    diese abstrakten Themen der Serie
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    sind nicht unbedingt Korea-spezifisch.
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    Dennoch sollte man sich im Klaren sein,
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    Korea ist eine hyper-
    kapitalistische Gesellschaft.
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    Selbst im Vergleich zu Deutschland,
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    wo Kapitalismus auch
    das herrschende System ist,
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    ist es anders.
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    In Korea benutzt man heute den Ausdruck
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    neoliberaler Kapitalismus.
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    Wo Marktwerte integraler Bestandteil
    in allen Lebensbereichen ist.
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    Selbst private Angelegenheiten
    sind vom Markt bestimmt.
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    Diese Kritik am neoliberalen Kapitalismus
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    ist ziemlich Korea-spezifisch.
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    Ich denke,
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    K-Dramas tendieren immer mehr dazu,
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    bestimmte Probleme zu diskutieren
  • 3:11 - 3:13
    und sichtbarer zu machen.
  • 3:13 - 3:15
    Zum Beispiel die Diskussion
    um LGBT-Rechte
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    wird in Korea immer größer.
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    Selbst wenn du eine Romcom oder
    ein K-Drama guckst,
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    findest du heutzutage oft Nebencharaktere,
  • 3:25 - 3:30
    durch die Autor*innen auf Themen
    wie LGBT-Rechte
  • 3:30 - 3:33
    oder mentale Gesundheit
    aufmerksam machen.
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    Mit Nebencharakteren
  • 3:35 - 3:38
    auf soziale Probleme
    aufmerksam zu machen,
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    ist eine Entwicklung der
    letzten 5 Jahre in Korea.
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    Der migrantische Arbeiter Ali
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    zeigt ein riesiges Problem in Korea,
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    das es seit 15 Jahren gibt:
  • 3:55 - 3:59
    Diskriminierung gegen
    migrantische Arbeiter*innen
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    sowie gegen nordkoreanische Geflüchtete.
  • 4:01 - 4:04
    In Korea leben die meisten
    nordkoreanischen Geflüchteten
  • 4:04 - 4:06
    und es ist gut dokumentiert
  • 4:06 - 4:07
    und es ist ein soziales Problem,
  • 4:07 - 4:10
    dass sie von Südkoreaner*innen
    diskriminiert werden,
  • 4:10 - 4:12
    weil sie sie für gefährlich halten.
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    Und natürlich bekommen sie seltener Jobs,
  • 4:15 - 4:19
    und sie müssen am Ende Gangs,
    kriminellen Welten usw. beitreten.
  • 4:19 - 4:22
    Das wird ja durch die
    Charaktere auch aufgegriffen.
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    Es gab viele soziale Fragen zu
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    migrantischen Arbeiter*innen,
    Heiratsehen und diversen Familien.
  • 4:34 - 4:38
    und dieses Thema ist
    immer noch sehr schwierig,
  • 4:38 - 4:40
    obwohl es so bedeutend ist.
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    Wenn du heute nach Korea gehst,
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    sind so viele im Diensleistungssektor
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    wie z.B. im Service,
  • 4:46 - 4:49
    nicht aus Korea.
  • 4:50 - 4:53
    Das hat sich in den
    letzten 10 Jahren verändert.
  • 4:53 - 4:56
    Historisch gesehen,
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    war Korea ethnisch ziemlich isoliert
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    und sie waren nationalistisch-geprägt
    stolz darauf, "rein-koreanisch" zu sein.
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    Bis ins späte 19. Jahrhundert
  • 5:08 - 5:10
    hat sich Korea
    als Einsiedlerreich verstanden.
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    Es gab weder internationalen Handel
  • 5:12 - 5:14
    noch hat es Grenzen für andere geöffnet.
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    Die Grenzen wurden erst durch
    die koloniale Herrschaft Japans erzwungen.
  • 5:18 - 5:20
    Die koloniale Geschichte,
  • 5:20 - 5:22
    wenn man sich damit auseinandersetzt,
  • 5:22 - 5:25
    ist die Antwort darauf
    offensichtlich Nationalismus.
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    Aber dieser Nationalismus
    hat die Tendenz,
  • 5:27 - 5:29
    ethnische Heterogenität abzulehnen.
  • 5:34 - 5:37
    Ich glaube wir sind an dem Punkt,
  • 5:37 - 5:41
    dass diese Sichtbarkeit
    in der populären Kultur möglich ist.
  • 5:42 - 5:44
    Wenn man sich anschaut,
  • 5:44 - 5:45
    wie Ali porträtiert wurde,
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    einerseits kann man sagen,
    er wurde gut dargestellt,
  • 5:48 - 5:51
    andererseits nicht,
    viel zu naiv, viel zu freundlich.
  • 5:51 - 5:53
    Und das war Absicht,
  • 5:53 - 5:56
    weil sie dachten,
    sie dürfen ihn nicht mißrepräsentieren.
  • 5:56 - 6:00
    weil es Diskriminierung gegen
    migrantische Arbeiter*innen gibt.
  • 6:00 - 6:03
    Diese rein positive Darstellung
  • 6:03 - 6:05
    ist also der erste Schritt.
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    Von hier aus kann man sich
    langsam bewegen
  • 6:06 - 6:09
    Richtung Realismus,
    Vielfalt und Inklusion.
  • 6:09 - 6:12
    Dem können wir nicht mehr ausweichen.
  • 6:17 - 6:21
    Es geht darum, dass
    Klassenmobilität kaum möglich ist.
  • 6:22 - 6:26
    Das Problem in Südkorea heute ist,
  • 6:26 - 6:30
    dass du kaum eine Chance hast,
    wenn du nicht mit dem Silberlöffel
  • 6:30 - 6:32
    - oder mit dem goldenen Löffel -
    im Mund geboren bist.
  • 6:33 - 6:35
    Wenn du nicht mit Geld
    auf die Welt gekommen bist,
  • 6:35 - 6:37
    wird es sehr schwer werden,
  • 6:37 - 6:39
    allein mit Leistung weiterzukommen.
  • 6:39 - 6:40
    Wir leben in einer Zeit,
  • 6:40 - 6:45
    in der diejenigen mit Kapital
    schneller Erfolg haben
  • 6:45 - 6:48
    und einfacher als die ohne.
  • 6:48 - 6:51
    Marginalisierte Menschen existieren
    in dieser Gesellschaft
  • 6:51 - 6:53
    und diese ist ein ungerechter Ort.
  • 6:53 - 6:55
    Die Idee einer fairen Welt,
    mit der wir aufwachsen,
  • 6:55 - 6:57
    lässt sich nirgendwo wiederfinden.
  • 6:57 - 7:00
    Und das wird durch das
    Squid Game symbolisiert,
  • 7:00 - 7:02
    wo du angeblich immer aufhören kannst
  • 7:02 - 7:05
    und alles gerecht ist, obwohl
    Gerechtigkeit nicht wirklich existiert.
  • 7:05 - 7:07
    Es ist eine Abbildung der Gesellschaft.
  • 7:08 - 7:10
    Es gibt dieses berühmte Zitat:
  • 7:10 - 7:14
    “Es ist einfacher, das Ende der Welt
    zu denken als das Ende des Kapitalismus”.
  • 7:14 - 7:15
    Es ist wie in der Serie:
  • 7:15 - 7:17
    Sie sagen, 'In der Welt
    habe ich keine Chance
  • 7:17 - 7:18
    egal was ich tue.
  • 7:18 - 7:20
    Also gehe ich lieber in dieses Spiel,
  • 7:20 - 7:21
    neues System,
  • 7:21 - 7:23
    vielleicht habe ich ja dort etwas Glück.'
  • 7:23 - 7:24
    Diese falsche Hoffnung.
  • 7:31 - 7:33
    Selbst wenn wir soziale Probleme
    nur sichtbarer machen
  • 7:33 - 7:37
    in einem popkulturellen Medium,
    Film, TV-Serie etc.,
  • 7:38 - 7:41
    reicht es, um ins Gespräch zu kommen.
  • 7:41 - 7:43
    Das ist der beste Weg,
  • 7:43 - 7:47
    wie Veränderung über Kultur
    implementiert werden kann.
  • 7:47 - 7:52
    Und K-Drama kann vielleicht nicht
    direkt Reformen anstoßen,
  • 7:54 - 7:56
    aber es ermöglicht,
    Debatten anzustoßen,
  • 7:56 - 7:57
    Bewusstsein zu wecken,
  • 7:57 - 7:58
    sichtbar zu machen,
  • 7:58 - 8:00
    Zugang zu erleichtern.
  • 8:00 - 8:04
    Ich denke, das ist ein Weg,
  • 8:04 - 8:07
    wie man einen Meilenstein für
    soziale Veränderung legt.
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    Als Beispiel:
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    Ich habe den Film
    "Parasite" bereits erwähnt,
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    vom letzten Jahr.
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    Nach dem Film kam es tatsächlich
  • 8:17 - 8:20
    zu einer Reform für Kellerwohnungen.
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    Wir sehen Veränderungen.
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    Wo Popkultur etwas sichtbar machen konnte,
  • 8:27 - 8:30
    kann auch manchmal Veränderung eintreten.
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    Auch wenn es keine direkte Reform gibt,
  • 8:33 - 8:36
    diese Fähigkeit, Bewusstsein zu wecken,
  • 8:36 - 8:37
    eine Konversation zu haben,
  • 8:37 - 8:38
    ist doch schon etwas!
Title:
www.youtube.com/.../watch?v=B1k3DkPuw2E
Video Language:
English
Duration:
08:45

German subtitles

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