Zwei weibliche Nördliche Breitmaulnashörner, Nájin und Fatu, fressen zufrieden Gras in der Savannen von Kenia. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Videos sind sie die letzten bekannten Nördlichen Breitmaulnashörner weltweit. Ihre Art ist funktionell ausgestorben -- ohne ein Männchen können Nájin und Fatu sich nicht fortpflanzen. Dennoch besteht Hoffnung, dass die Nördlichen Breitmaulnashörner wiederaufleben. Wie kann das sein? Die Geschichte beginnt vor etwa 50 Jahren, als Wilderer mit der legalen Jagt auf Tausende von Nashörnern in Afrika begannen, wegen ihrer Hörner. Das und die Bürgerkriege in ihrem Land dezimierten die Population von Nördlichen Breitmaulnashörnern. In den 1970er Jahren versuchten besorgte Umweltschützer, sie in Gefangenschaft zu züchten, indem sie männliches Sperma entnahmen und aufbewahrten. Nur vier Nashörner wurden durch das ehrgeizige Zuchtprogramm geboren. Nájin und ihre Tochter Fatu waren die beiden Letzten. 2014 entdeckten Umweltschützer, dass sie keinen Nachwuchs haben können. Obwohl Nájin Fatu gebar, hat sie jetzt schwache Hinterbeine, was ihrer Gesundheit schaden könnte, wenn sie wieder trächtig würde. Inzwischen hat Fatu eine entartete Gebärmutterschleimhaut. 2014 starb Sudan, das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn. Aber es gab einen Hoffnungsschimmer: künstliche Befruchtung. Ohne lebende Männchen und ohne Weibchen, die tragen können, ist das, gelinde gesagt, ein komplizierter und riskanter Prozess. Obwohl Wissenschaftler Sperma gespeichert haben, müssen sie die Eier entnehmen -- ein komplexer Vorgang, der erfordert, dass das Weibchen bis zu zwei Stunden ruhiggestellt wird. Dann würden sie ein lebensfähiges Embryo im Labor erschaffen -- etwas, das noch nie zuvor getan wurde und niemand wusste, wie es geht. Selbst das war nur der Anfang -- eine Leihmutter einer anderen Nashorn-Art müsste das Embryo austragen. Weibchen einer eng verwandten Art, Südliche Breitmaulnashörner, wurden entscheidend zur Umwandlung eines Nashornembryos im Labor und die Spitzenkandidaten als Leihmütter. Nördliche und Südliche Breitmaulnashörner trennten sich vor etwa einer Millionen Jahre, in verschiedene jedoch eng miteinander verwandte Arten. Sie bewohnen verschiedene Regionen und haben leicht unterschiedliche morphologische Merkmale. Durch einen glücklichen Zufall brauchten einige Südliche Breitmaulnashorn-Weibchen Behandlung, aufgrund ihres Fertilitätsproblems und Wissenschaftler konnten ihnen Eier entnehmen, als Teil der Behandlung. Im Oktober 2015 entnahmen Experten des IZW Berlin im Dvůr Králové Zoo, Eier von Südlichen Breitmaulnashörnern. Sie schickten sie nach Avantea, einem Reproduktions-Labor für Tiere in Italien. Dort haben Wissenschaftler eine Technik entwickelt und perfektioniert, um ein lebensfähiges Embryo zu erschaffen Als sie die Technik beherrschten, extrahierten Wissenschaftler am 22. August 2019 die Eier aus Nájin und Fatu und schickten sie nach Italien. Drei Tage später befruchteten sie die Eier mit dem Sperma eines Breitmaulnashorn-Männchens. Eine Woche später waren zwei der Eier in der Entwicklungsphase, wo das Embryo eingefroren und für die Zukunft aufbewahrt werden kann. Im Dezember 2019 brachte eine andere Probe ein weiteres Embryo zur Welt. Seit Anfang 2020 besteht der Plan, die Eier aus Nájin und Fatu dreimal jährlich zu entnehmen, wenn sie gesund genug sind. Inzwischen sind Wissenschaftler auf der Suche nach vielversprechenden Südlichen Breitmaulnashörnern als Leihmütter, die idealerweise eine Schwangerschaft schon ausgetragen haben. Der Leihmutterschaftsplan ist ein Sprung ins Ungewisse -- Nördliche Breitmaulnashörner kreuzten während der letzten Eiszeit und im Jahr 1977, mit denen des Südens, also sind Wissenschaftler zuversichtlich, dass eine Südliche Breitmaulnashorndame ein Nördliches Breitmaulnashorn austragen kann. Die Schwangerschaften beider Arten haben auch die gleiche Dauer. Doch das Einpflanzen eines Embryos in ein Nashorn ist komplex, wegen der Form des Gebärmutterhalses. Das höhere Ziel, das Jahrzehnte braucht, ist die Etablierung einer Zuchtpopulation von Nördlichen Breitmaulnashörnern in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet. Studien zufolge haben wir Stichproben aus genug Tieren, um eine Population mit der genetischen Vielfalt, die Arten vor einem Jahrhundert hatten, nachzustellen. Obwohl die Besonderheiten dieses Versuchs einzigartig sind, weil viele Arten kritisch gefährdet oder funktionell ausgestorben sind, ist das eine Bühne für große Fragen: Ist es unsere Pflicht, Arten vom Rande des Abgrunds zurückzuholen, wenn sie als Folge von menschlichen Handlungen an diesem Punkt angelangt sind? Gibt es Grenzen für unsere Bemühungen, vom Aussterben bedrohte Tiere zu retten?