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Seine "Beschädigungen" zur Überwindung von Grenzen nutzen | Grace Quantock | TEDxAylesbury

  • 0:21 - 0:26
    Ich war sicher nicht die erste Studentin,
    die benommen auf dem Boden lag,
  • 0:26 - 0:30
    Worte lallend, während sich alles drehte,
    unfähig aufrecht zu stehen,
  • 0:31 - 0:35
    aber es war nicht Freitagnacht
    auf einer Verbindungsparty.
  • 0:35 - 0:39
    Ich lag im Flur des 5. Stocks
    der geisteswissenschaftlichen Fakultät
  • 0:39 - 0:42
    und versuchte den Unterricht zu erreichen,
  • 0:42 - 0:45
    aber ich war nicht betrunken,
    sondern behindert.
  • 0:46 - 0:51
    Dort lag ich und sah, wie
    meine Studienkollegen an mir vorbeiliefen
  • 0:51 - 0:55
    und ich wunderte mich,
    wie ich in diese Situation gekommen war.
  • 0:56 - 1:00
    Um alles zu verstehen,
    müssen wir etwas in der Zeit zurückgehen.
  • 1:02 - 1:05
    Für ein junges Mädchen,
    das gerade die Welt erobern will,
  • 1:05 - 1:08
    gibt es nur wenige Dinge,
    die verheerender sind,
  • 1:08 - 1:10
    als wenn ihr ihre Träume entrissen werden.
  • 1:11 - 1:12
    Dieses Mädchen war ich.
  • 1:13 - 1:18
    Ich war wie viele andere, ich war normal,
    ein Mädchen mit Hoffnungen und Träumen,
  • 1:19 - 1:21
    aber plötzlich war ich
    kein normales Mädchen mehr.
  • 1:22 - 1:27
    Mit 18 Jahren lautete meine Diagnose:
    schwere, chronische Autoimmunerkrankung,
  • 1:28 - 1:32
    und mein Leben wurde in einem Strudel
    gerissen, aus Schmerz und Kampf,
  • 1:32 - 1:34
    Diagnose und Verwirrung.
  • 1:35 - 1:40
    Ich dachte, es sei mir unmöglich,
    mich so dem Leben zu stellen.
  • 1:40 - 1:46
    Ich frage Sie: Wann haben Sie gedacht,
    Ihr Leben sei unmöglich?
  • 1:46 - 1:50
    Wo empfanden Sie
    ein ungewolltes Anderssein?
  • 1:52 - 1:57
    Ich empfand mein Anderssein am stärksten,
    wenn ich einen Einkaufsbummel plante.
  • 1:57 - 2:01
    Um Einkaufen zu gehen,
    musste ich erst mein Bett verlassen,
  • 2:01 - 2:03
    eine große Aufgabe!
  • 2:03 - 2:05
    Dann musste ich mich anziehen,
  • 2:05 - 2:10
    mit Schmerzen in Gelenken und anderswo,
    war es sehr, sehr schwierig.
  • 2:11 - 2:15
    Trotz Gedächtnisverlust
    und kognitiver Probleme,
  • 2:15 - 2:17
    eine Einkaufsliste zu erstellen
    war auch schwer,
  • 2:17 - 2:20
    aber der größte Kampf war
    der Weg zur Bushaltestelle
  • 2:20 - 2:23
    Und so stolperte ich aus dem Haus
    und durch die Strassen,
  • 2:23 - 2:27
    tastete mich haltsuchend an den Wänden
    und Zäunen meiner Nachbarn entlang
  • 2:28 - 2:33
    welche dafür nicht ausgelegt waren.
  • 2:33 - 2:37
    Wenn Sie einen Gartenzaun planen,
    lassen Sie mich Ihnen sagen:
  • 2:37 - 2:38
    es ist eine Herausforderung;
  • 2:38 - 2:40
    Manche sind niedrig, einige hoch,
  • 2:40 - 2:43
    einige haben Spitzen, was sehr gemein ist.
  • 2:43 - 2:45
    (Gelächter)
  • 2:45 - 2:48
    Bedenken Sie folgendes, wenn Sie
    eine Hecke pflanzen wollen:
  • 2:48 - 2:51
    Ideal ist eine rechtwinklige,
    sauber gestutzte Hecke.
  • 2:51 - 2:55
    Hier konnte ich einfach hineinfallen,
    abprallen und dann weiterstolpern.
  • 2:56 - 2:59
    Aber als ich die Bushaltestelle erreichte,
  • 2:59 - 3:01
    fühlte ich mein Anderssein.
  • 3:01 - 3:04
    Einige Leute starrten mich an.
  • 3:04 - 3:07
    Ich musste mich rechtfertigen
    und mein "Anderssein" verteidigen,
  • 3:07 - 3:09
    um mich zu erklären.
  • 3:09 - 3:14
    "Schätzchen, was ist denn mit dir los?
  • 3:15 - 3:18
    Du bist so krank,
    wo du doch noch so jung bist.
  • 3:18 - 3:20
    Du bist so krank,
    aber du bist doch so jung!
  • 3:20 - 3:22
    Immer wieder.
  • 3:22 - 3:24
    Ich wollte nur einkaufen gehen,
    wie jeder andere auch!
  • 3:24 - 3:27
    Alles was ich wollte, war normal zu sein.
  • 3:27 - 3:31
    Aber ich dachte, der einzige Weg,
    um Normalität zu erreichen,
  • 3:31 - 3:34
    wäre es, nicht mehr krank,
    nicht mehr "anders" zu sein.
  • 3:34 - 3:36
    Also suchte ich nach einem Heilmittel.
  • 3:37 - 3:41
    Meine Ärzte sagten mir:
    "Es gibt kein Heilmittel.
  • 3:41 - 3:44
    Geh nach Hause und gewöhne
    dich an dein neues Leben!"
  • 3:46 - 3:48
    Aber das war kein Leben!
  • 3:50 - 3:53
    Die Geschichte ist nicht: "Das Mädchen
    im Rollstuhl, das doch etwas erreichte."
  • 3:54 - 3:58
    Es geht darum, gut zu leben und nicht
    um die Geschichte einer Wunderheilung,
  • 3:58 - 4:00
    die mein Happy-End ausmacht.
  • 4:00 - 4:03
    Und es geht nicht nur um mich.
  • 4:03 - 4:05
    Es geht uns alle an,
    ob im Rollstuhl sitzend oder nicht,
  • 4:05 - 4:07
    ob krank oder nicht.
  • 4:07 - 4:10
    Denn wir sind alle Menschen,
    wir alle kämpfen.
  • 4:10 - 4:13
    Und wir alle tragen Wunden mit uns herum.
  • 4:14 - 4:16
    Es geht nicht darum, sich anzupassen,
  • 4:17 - 4:22
    denn, wenn man sein Anderssein annimmt,
    kann man so viel mehr sein.
  • 4:24 - 4:27
    Die Geschichte ist voller Sonderlinge,
  • 4:27 - 4:31
    Menschen, die physisch und psychisch
    nicht perfekt waren.
  • 4:32 - 4:37
    Menschen, die es aber irgendwie geschafft
    haben, ihre Andersartigkeit anzunehmen.
  • 4:37 - 4:40
    Ihre Schwierigkeiten zu akzeptieren
    und nach vorne zu sehen.
  • 4:42 - 4:45
    Sie werden nicht
    durch ihre Grenzen definiert,
  • 4:45 - 4:50
    sondern, stattdessen,
    durch die Größe ihrer Leistungen.
  • 4:50 - 4:53
    nachdem sich ihr "Anderssein" zeigte.
  • 4:54 - 4:56
    Die Künstlerin Frida Kahlo,
  • 4:56 - 5:00
    die Freiheitskämpferin Malala Yousafzai,
  • 5:00 - 5:03
    die Paralympionikin Tanni Grey-Thompson.
  • 5:03 - 5:08
    Die vielen unbekannten Sonderlinge
    müssen wir auch erwähnen.
  • 5:09 - 5:13
    Natürlich kann ich mich nicht
    mit Frida Kahlo vergleichen
  • 5:13 - 5:16
    denn Selbstportraits kann ich nur
  • 5:16 - 5:20
    als (Click) #Selfie machen.
  • 5:20 - 5:26
    Und ich habe nicht im geringsten
    den Mut von Malala Yousafzai,
  • 5:26 - 5:30
    denn nach der Lektüre von Harry Potter,
    versteckte ich mich unter der Bettdecke,
  • 5:30 - 5:34
    da ich hatte wirklich Angst, dass
    Voldemort mich holenkommen würde.
  • 5:35 - 5:38
    Und so gerne ich mich bewege,
  • 5:38 - 5:42
    der Athletik von Tanni Grey-Thompson
  • 5:42 - 5:43
    kann ich nicht erreichen.
  • 5:43 - 5:49
    Aber ich identifiziere mich
    mit ihrem Suchen und Ringen
  • 5:49 - 5:51
    nach Akzeptanz und einem Sinn,
  • 5:51 - 5:57
    seit ihrem ungewollten, unvorstellbaren,
    unumkehrbaren "Anderssein",
  • 5:57 - 5:59
    mit welchem sie jetzt leben.
  • 6:01 - 6:05
    Vor einigen Jahren,
    nach der Diagnose "unheilbar",
  • 6:05 - 6:09
    sprach ich mit einer Freundin und
    wir saßen zusammen und entschieden:
  • 6:09 - 6:12
    "Wir geben meinem Körper noch eine Chance.
  • 6:12 - 6:15
    Wir schaffen für meine Heilung
    die bestmöglichen Bedingungen,
  • 6:15 - 6:17
    und dann sehen wir, was passiert."
  • 6:17 - 6:20
    Ich begann eine entzündungshemmende Diät,
  • 6:20 - 6:23
    denn je mehr entzündungshemmende
    Lebensmittel ich aß,
  • 6:23 - 6:26
    desto weniger brauchte ich
    entzündungshemmende Medizin.
  • 6:26 - 6:29
    Als wir da saßen und redeten
  • 6:29 - 6:31
    kam ihr Bruder ins Zimmer,
  • 6:31 - 6:33
    er sah mich an und sagte:
  • 6:33 - 6:37
    "Grace, das ist ekelerregend!"
  • 6:38 - 6:41
    "Was?", sagte ich, "Was meinst du?",
    denn ich dachte,
  • 6:41 - 6:44
    "Okay, meine Haare sind ungekämmt,
    aber so schlimm ist das nicht
  • 6:44 - 6:46
    und komplett bekleidet bin ich auch."
  • 6:46 - 6:47
    "Also was denn?"
  • 6:47 - 6:53
    Es war mein Glas mit leuchtend grünem,
    giftig aussehendem Gemüsesaft,
  • 6:53 - 6:54
    (Gelächter)
  • 6:54 - 6:55
    das er ekelerregend fand.
  • 6:55 - 7:00
    In diesem Moment fühlte
    ich mich wie ein Idiot,
  • 7:00 - 7:02
    wie ein Sonderling und wie ein Freak.
  • 7:02 - 7:06
    Ich hatte genug davon,
    dass ich ständig gereizt war,
  • 7:06 - 7:09
    dass immer ich diese seltsamen,
    verrückten Gesundheitsdinge machte,
  • 7:09 - 7:13
    die niemand kannte und
    denen wir auch nicht vertrauten.
  • 7:13 - 7:14
    Es schmerzte.
  • 7:14 - 7:17
    Zu Hause sagte ich weinend
    zu meinem Ehemann:
  • 7:17 - 7:19
    "Ich habe es so satt,
    immer die Kranke zu sein,
  • 7:19 - 7:21
    immer bin ich die Verrückte."
  • 7:21 - 7:26
    Und er sagte: "Und was,
    wenn du kein Sonderling bist?
  • 7:26 - 7:29
    Was, wenn du ein Pioneer bist?
  • 7:29 - 7:31
    Wenn du nicht der Freak bist,
  • 7:31 - 7:33
    sondern der Wegbereiter?"
  • 7:34 - 7:37
    Dieser Moment änderte mein Leben.
  • 7:38 - 7:40
    Ich denke nicht mehr,
  • 7:40 - 7:43
    dass "Gebrochenheit" etwas ist,
    dem wir gerecht werden müssen.
  • 7:43 - 7:45
    Es ist kein Ehrenabzeichen.
  • 7:45 - 7:50
    Eine Wunde zu tragen, verpflichtet nicht
    Motivationsredner zu werden,
  • 7:50 - 7:52
    es sollte einen aber auch nicht
    davon abhalten.
  • 7:52 - 7:54
    (Gelächter)
  • 7:55 - 8:00
    Jeden Tag man selbst zu sein
    und sich zu lieben für genau die Person,
  • 8:00 - 8:05
    die man ist, ist für einen Sonderling
    ein revolutionärer Akt.
  • 8:07 - 8:12
    Aber was, wenn die Idee des Sonderlings
    nur ein Mythos ist?
  • 8:13 - 8:15
    Es gibt dieses Konzept,
  • 8:15 - 8:18
    dass wenn wir nur hart genug arbeiten
    und es immer weiter versuchen,
  • 8:18 - 8:22
    wenn wir die richtigen Bücher kaufen
    und die richtigen Kurse besuchen,
  • 8:22 - 8:25
    wenn wir die richtige Kleidung kaufen
    und den richtigen Leuten genug bezahlen,
  • 8:25 - 8:28
    wir auch irgendwann perfekt sein können
  • 8:28 - 8:30
    und uns auch einfügen werden.
  • 8:31 - 8:37
    Aber Sonderlinge machen Fehler
    und können Wunder wollbringen.
  • 8:38 - 8:42
    Perfektionismus ist das Gegenteil
    von Pionierarbeit leisten.
  • 8:44 - 8:48
    Kürzlich erlitt ich, laut den Ärzten,
    einen Schlaganfall.
  • 8:48 - 8:55
    Nach Jahren harter Arbeit und Erfolgs,
    glaubte ich alles wieder zu verlieren.
  • 8:55 - 8:57
    Ich verlor fast alles Gefühl
  • 8:57 - 9:01
    und viel von der Kraft und Beweglichkeit
    in meiner rechten Körperseite.
  • 9:01 - 9:03
    Ich musste neu schreiben lernen.
  • 9:03 - 9:06
    Ich musste wieder einmal laufen lernen.
  • 9:07 - 9:12
    Aber im Moment, als ein Teil von mir nicht
    einmal zum Rest von mir passen wollte,
  • 9:12 - 9:15
    am Tag als sie mich
    aus der Klinik entließen,
  • 9:15 - 9:18
    beauftragte ich einen Künstler,
  • 9:18 - 9:23
    mit Henna den Körperteil zu bemalen,
    den ich nicht erfühlen konnte.
  • 9:24 - 9:30
    So konnte ich diesen Teil des Körpers
    zurückerlangen und annehmen,
  • 9:30 - 9:32
    mit dem ich so gekämpft hatte.
  • 9:32 - 9:35
    Sobald wir uns annehmen,
  • 9:35 - 9:39
    können unsere inneren,
    emotionalen Wunder geschehen.
  • 9:40 - 9:45
    Ich bin gesegnet, denn ich habe
    unglaubliche Dinge getan,
  • 9:45 - 9:48
    welche das Mädchen,
    das ich beschrieben habe,
  • 9:48 - 9:49
    für unmöglich gehalten hätte.
  • 9:49 - 9:52
    Ich habe zwei internationale
    Unternehmen aufgebaut.
  • 9:52 - 9:56
    Ich helfe Menschen weltweit
    gut mit Krankheit zurechtzukommen.
  • 9:57 - 10:00
    Hätte ich meine Energie
    darauf verwendet, mich anzupassen,
  • 10:00 - 10:03
    wäre ich niemals eine Fürsprecherin
    für Frauen geworden,
  • 10:03 - 10:04
    für Menschen mit Behinderung,
  • 10:04 - 10:08
    für Sonderlinge und Wegbereiter,
    in dem Ausmaß, wie ich es heute bin.
  • 10:09 - 10:13
    Vielleicht kämpfen Sie
    mit Ihren eigenen Wunden,
  • 10:13 - 10:17
    vielleicht kämpfen Sie mit Schmerzen
    und Behinderung wie ich
  • 10:17 - 10:21
    oder mit Alkoholismus oder mit Armut
    oder mit einer dysfunktionalen Familie
  • 10:21 - 10:24
    oder Sie werden wegen
    Homosexualität diskriminiert
  • 10:24 - 10:26
    oder wegen Rassismus,
    oder warum auch immer.
  • 10:27 - 10:33
    Ich glaube fest und aufrichtig, dass wir
    eine Veränderung herbeiführen können,
  • 10:33 - 10:36
    denn wir sind Wegbereiter.
  • 10:36 - 10:38
    Wir, mit den kaputten Teilen.
  • 10:38 - 10:41
    Egal welcher Ihrer Teile
    sich kaputt anfühlt,
  • 10:41 - 10:46
    welcher Teil sich minderwertig anfühlt,
    oder wie ein Freak oder wie ein Sonderling
  • 10:46 - 10:48
    oder welcher Teil kämpft.
  • 10:48 - 10:51
    Ich bitte Sie, einen Moment innezuhalten,
  • 10:51 - 10:54
    und zu prüfen und zu entscheiden,
  • 10:54 - 11:00
    was von Ihnen Sie von einem Sonderling
    in einen Wegbereiter verwandeln kann,
  • 11:00 - 11:06
    wissend, dass wir vorangehen, um
    einen Wandel, eine Revolution zu machen.
  • 11:07 - 11:12
    Ich lade Sie ein, mit mir zu gehen,
    um gemeinsam den Weg zu bahnen.
  • 11:12 - 11:14
    Danke.
  • 11:14 - 11:17
    (Applaus)
Title:
Seine "Beschädigungen" zur Überwindung von Grenzen nutzen | Grace Quantock | TEDxAylesbury
Description:

Die Konfrontation mit Schmerz, Trauer, Trauma und scheinbar unüberwindbaren Herausforderungen ist im menschlichen Leben unvermeidlich. Wie wäre es aber, wenn in diesem Schmerz die Chance auf persönliche Befreiung und ein höheres Ziel läge?

Dieser Vortrag wurde bei einem TEDx-Event gehalten, der dem Format für TED-Konferenzen entspricht, aber eigenständig von einem lokalen Veranstalter organisiert wurde. Erfahren Sie mehr unter http://ted.com/tedx.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDxTalks
Duration:
11:30

German subtitles

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