Vor fünf Jahren machte ich
eine sehr interessante Erfahrung.
Mein Mann und ich gingen wie immer
alle zwei Tage gemeinsam einkaufen.
Aber dieses Mal entdeckten wir
diesen noblen --
und ich spreche hier
von sortenreinem Fairtrade-Kaffee
aus Kenia in Bioqualität,
für den wir etwas mehr ausgaben.
Da fing das Problem schon an.
Diese Kaffeemischung
hielt mein Mann für besser
als unseren normalen
und viel billigeren Kaffee.
Deshalb stellte ich mir ein Leben vor,
das sich allein um Nobel-Kaffee drehte.
Unser Haushaltsbudget sah ich explodieren.
(Lachen)
Und noch schlimmer ...
Ich fürchtete auch, dass die Ausgabe
vergebens sein könnte.
Dass wir den Unterschied
überhaupt nicht bemerken würden.
Dummerweise -- vor allem für ihn --
hatte mein Mann einen Moment vergessen,
dass seine Frau eine Neurobiologin war,
Fachgebiet: Lebensmittelwissenschaften.
(Lachen)
Okay?
Ich beschloss also,
ihn kurzerhand zu testen.
Ich bereitete ein Experiment vor,
bei dem ich ihm zuerst die Augen verband.
(Lachen)
Dann brühte ich die zwei Sorten Kaffee auf
und ich sagte ihm, dass ich ihm einen
nach dem anderen servieren würde.
Mein Mann beschrieb die erste Tasse Kaffee
mit eindeutiger Gewissheit
als roher und eher bitter.
Ein Kaffee, der morgens ideal ist,
um mit schrecklichem Geschmack
brutal zu wecken.
(Lachen)
Die zweite Tasse Kaffee dagegen
war sowohl fruchtig als auch köstlich.
Ein Kaffee, den man abends genießen
und dabei entspannen kann.
Mein Mann ahnte jedoch nicht,
dass ich ihm tatsächlich
keine zwei Sorten Kaffee gegeben hatte.
Ich gab ihm dieselbe Tasse Kaffee zweimal.
(Lachen)
Natürlich wurde die Tasse Kaffee,
die schrecklich war,
nicht plötzlich fantastisch.
Nein, der Geschmacksunterschied
war das Produkt des Gehirns meines Mannes.
Durch seinen eigenen Hang
zugunsten des Nobel-Kaffees,
die ihn Geschmacksunterschiede
wahrnehmen ließ, die nicht existierten.
Nachdem ich unser Haushaltsbudget gerettet
und wir herzlich darüber gelacht hatten --
ich in erster Linie --,
(Lachen)
begann ich mich zu fragen,
wie genau es zu diesen zwei
so unterschiedlichen Reaktionen
auf eine einzige Tasse Kaffee kam.
Warum sollte mein Mann auf die Gefahr hin,
dass man sich den Rest seines Lebens
darüber lustig machen würde,
eine so gewagte Aussage machen?
(Lachen)
Die erstaunliche Antwort ist:
Ich glaube, Sie hätten das Gleiche getan.
Das ist die größte Herausforderung
für mein Forschungsgebiet:
einschätzen, welche Wirklichkeit
hinter den erhaltenen Antworten steht.
Denn wie können wir
Lebensmittel leckerer machen,
wenn nicht verlässlich ist,
was die Leute tatsächlich mögen.
Um das zu verstehen,
betrachten wir zuerst,
wie wir Lebensmittel empfinden.
Wenn ich eine Tasse Kaffee trinke,
nehme ich den Kaffee durch Rezeptoren
in meinem Körper wahr.
Informationen, die dann Neuronen
in meinem Gehirn aktivieren.
Die Wellenlängen des Lichts
werden in Farben umgesetzt.
Rezeptoren in meinem Mund nehmen
die Moleküle in der Flüssigkeit wahr
und sie werden einer
der fünf Geschmäcker zugeordnet.
Das sind salzig, sauer,
bitter, süß und umami.
Die Rezeptoren in der Nase nehmen
die Moleküle in der Luft wahr
und sie werden in Gerüche umgewandelt.
Das Gleiche gilt für das Tasten,
für die Temperatur, für Geräusche usw.
All diese Informationen werden
von meinen Rezeptoren wahrgenommen
und in Signale zwischen den Neuronen
in meinem Gehirn umgewandelt.
Informationen, die dann verwoben
und eingeordnet werden,
sodass mein Gehirn weiß,
dass ich gerade eine Tasse Kaffee hatte
und sie mir geschmeckt hat.
Erst dann, nach all
der Schwerstarbeit der Neuronen,
erleben wir die Tasse Kaffee bewusst.
Genau hier haben wir sehr häufig
eine falsche Vorstellung.
Menschen sind geneigt zu denken,
dass das, was wir bewusst erleben,
eine absolut getreue Spiegelung
der Realität sein muss.
Aber wie Sie gerade gehört haben,
gibt es viele Stadien
der neuralen Interpretation,
die zwischen dem physischen Gegenstand
und seinem bewussten Erleben stehen.
Das bewusste Erleben spiegelt also
diese Realität gar nicht immer wider.
So, wie es meinem Mann passierte.
Das liegt daran, dass manche physischen
Impulse so schwach sein können,
dass sie die Barriere zu unserer bewussten
Wahrnehmung nicht durchbrechen können,
während Informationen, die es schaffen,
auf ihrem Weg durch verdeckte Vorurteile
verzerrt werden können.
Die Menschen sind sehr voreingenommen.
Sollten Sie gerade hier sitzen und denken,
dass Sie den Kaffee besser als mein Mann
richtig beurteilt hätten,
dann sind Sie tatsächlich
gerade voreingenommen.
Das ist ein "Bias blind spot",
eine Verzerrungsblindheit.
Unsere Tendenz, uns selbst als weniger
voreingenommen als andere zu sehen.
(Lachen)
Wir können sogar voreingenommen sein,
in Bezug auf die Vorurteile,
über die wir voreingenommen sind.
(Lachen)
Das macht es nicht einfacher.
In der Lebensmittelindustrie kennen wir
den sogenannten Höflichkeitsbias.
Das ist ein Bias, bei dem
wir eine Meinung haben,
die als sozialverträglich angesehen wird.
Aber es ist sicherlich nicht unsere
eigene Meinung, richtig?
Als Lebensmittelforscherin
fordert mich das heraus,
denn wenn Menschen sagen, dass sie meinen
neuen, zuckerreduzierten Milkshake mögen,
tun sie das wirklich?
(Lachen)
Oder sagen sie, dass sie es mögen,
weil sie wissen, dass ich zuhöre
und sie mir einen Gefallen tun wollen?
Oder damit sie in meinen Ohren
fit und gesund klingen?
Keine Ahnung!
Aber schlimmer noch:
Sie hätten selbst keine Ahnung.
Selbst Lebensmittelgutachter,
denen explizit beigebracht wurde,
Geruchs- und Geschmackssinn zu entwirren,
können trotzdem voreingenommen sein
und Produkte als süßer bewerten,
wenn sie Vanille enthalten.
Warum?
Bestimmt nicht, weil Vanille
tatsächlich süß schmeckt.
Es passiert, weil auch diese
Fachleute menschlich sind
und in ihrem Leben viele Desserts
gegessen haben, wie wir auch,
und die daher gelernt haben,
Süße und Vanille in Verbindung zu bringen.
Der Geschmack und der Geruch
und andere sensorische Informationen
sind untrennbar in
unserem Bewusstsein verknüpft.
Einerseits kann man das nutzen.
Wir können diese bewussten
Erfahrungen nutzen,
diese Informationen ausnutzen,
indem wir Vanille statt Zucker hinzufügen,
um unsere Produkte süßer zu machen.
Aber andererseits würde mir
die bewusste Analyse dennoch nicht sagen,
ob der zuckerreduzierte Milchshake
den Leuten wirklich schmeckt.
Wie kann man das Problem also umgehen?
Wie stellt man überhaupt fest,
was bei der bewussten Bewertung
von Essen echt ist?
Der Schlüssel dazu ist, die Barriere
des Bewusstseins zu entfernen
und stattdessen auf die Informationen
im Gehirn unmittelbar abzuzielen.
Wie sich herausstellt,
birgt unser Gehirn eine Menge
faszinierender Geheimnisse.
Ständig empfängt unser Gehirn
vom ganzen Körper Sinneseindrücke,
von denen wir die meisten
gar nicht mitbekommen,
wie die Geschmacksinformationen, die ich
ständig vom Magen-Darm-Trakt erhalte.
Mein Gehirn reagiert auch
auf alle Sinneseindrücke.
Es verändert auch ohne
mein Wissen mein Verhalten
und kann meine Pupillen weiten,
wenn ich etwas erlebe,
das ich wirklich mag.
Es erhöht die Schweißproduktion leicht,
wenn diese Emotion intensiv war.
Mithilfe von Gehirn-Scans
können wir heute diese Informationen
innerhalb des Gehirns feststellen.
Ich nutzte eine Hirn-Scan-Technologie,
die Elektroenzephalografie,
abgekürzt „EEG“,
bei der eine mit Elektroden
versehene Haube getragen wird:
In meinem Fall 128.
Jede einzelne Elektrode misst
die elektrische Aktivität des Gehirns
bis auf die Millisekunde genau.
Das Problem ist jedoch,
dass nicht nur das Gehirn
elektrisch aktiv ist,
sondern auch der Rest des Körpers,
wie auch die Umwelt,
in der ständig viel an
elektrischer Aktivität vorhanden ist.
Um Forschung betreiben zu können,
muss ich das "Störgeräusch" minimieren.
Deshalb bitte ich die Teilnehmer
an meiner Studie mehrere Dinge zu tun.
Zunächst bitte ich sie, ihren Kopf
auf einen Kinnhalter zu legen,
um zu viele Muskelbewegungen zu vermeiden.
Außerdem sollen sie auf die Mitte
eines Computerbildschirms schauen,
um zu viele Augenbewegungen
und Zwinkern zu vermeiden.
Und weil sogar Schlucken zu viel wäre,
bitte ich meine Teilnehmer, ihre Zungen
über einer Glasschüssel auszustrecken.
Dann gebe ich kontinuierlich
Geschmacksstimuli auf die Zunge,
die dann in diese Schüssel tropfen.
(Lachen)
Zur Vervollständigung
dieses wunderbaren Bildes
gebe ich meinen Teilnehmern
auch ein Lätzchen,
das es in Pink und Blau gibt,
ganz wie sie es möchten.
(Lachen)
Ein völlig normales Esserlebnis, oder?
(Lachen)
Nein, natürlich nicht.
Und noch schlimmer:
Ich kann nicht einmal kontrollieren,
woran meine Teilnehmer denken.
Deshalb muss ich den Schmeck-Vorgang
mehrere Male wiederholen.
Beim ersten Mal denken sie vielleicht
an das kostenlose Essen,
das ich ihnen für ihre Teilnahme anbiete.
Beim zweiten Mal denken sie vielleicht
daran, dass bald Weihnachten ist
und daran, was sie ihrer Mutter
dieses Jahr schenken könnten.
Aber allen Reaktionen gemeinsam
ist die Resonanz auf den Geschmack.
Deshalb wiederhole ich
den Schmeck-Vorgang mehrere Male,
und zwar 60 Mal.
Dann ermittle ich einen Durchschnitt,
da sich die Reaktionen ohne Bezug
zum Schmecken ausgleichen.
Mit dieser Methode ermittelten wir
und andere Laboratorien,
wie lange es dauert von
„das Essen berührt die Zunge“
bis zu dem Punkt,
an dem das Gehirn den Geschmack erkennt.
Tatsächlich passiert das
bereits in den ersten 100 Millisekunden,
etwa eine halbe Sekunde,
bevor uns das überhaupt bewusst wird.
Danach untersuchten wir auch
den Geschmacksunterschied
zwischen Zucker
und künstlichen Süßstoffen,
die in unserem Projekt
sehr ähnlich schmecken.
Sie schmeckten in der Tat so ähnlich,
dass die Hälfte der Teilnehmer
den Unterschied kaum schmeckten,
und die andere Hälfte gar nicht.
Erstaunlicherweise stellten wir beim Blick
auf die gesamte Studiengruppe fest,
dass ihre Gehirne auf jeden Fall
den Unterschied feststellen konnten.
Mithilfe des EEG
und anderen Hirn-Scan-Geräten
sowie anderen physiologischen Messungen --
Schweiß und Pupillengröße --,
haben wir neue Zugänge zu unserem Gehirn.
Zugänge, die uns helfen, die Barriere
zum Bewusstsein zu beseitigen,
um Voreingenommenheiten durchschauen
und unterbewusste Geschmacksunterschiede
eventuell erfassen zu können.
Weil wir jetzt die allererste Reaktion
von Menschen auf Nahrung messen können,
bevor sie sich darüber bewusst werden
und bevor sie anfangen zu rationalisieren,
warum sie es mögen oder nicht.
Wir können ihre Gesichtsausdrücke messen,
wir können messen, wohin sie gucken,
wir können die Schweißreaktion
und die Reaktion des Gehirns messen.
Durch alle diese Maßnahmen kann man
leckerere Lebensmittel herstellen,
weil wir messen können, ob Leute wirklich
den zuckerreduzierten Milchshake mögen.
Wir können gesündere Lebensmittel
ohne Geschmackseinbußen herstellen,
weil wir die Reaktionen
auf unterschiedliche Süßstoffe messen
und den Süßstoff finden können,
der eine ähnliche Reaktion
wie Zucker hervorruft.
Außerdem können wir helfen,
gesündere Lebensmittel herzustellen,
weil wir zum Verständnis beitragen können,
wie wir Lebensmittel überhaupt wahrnehmen.
Worüber wir erstaunlich wenig wissen.
Wir wissen etwa, dass es
fünf Geschmacksrichtungen gibt,
aber vermuten stark, dass es mehr gibt.
Tatsächlich fanden wir
mithilfe des EEG Beweise dafür,
dass Fett nicht nur durch seine Struktur
und seinen Geruch erfasst,
sondern auch geschmeckt wird.
Das bedeutet, Fett könnte
ein sechster Grundgeschmack sein.
Wenn wir herausfinden, wie unser Gehirn
Fett und Zucker erkennt --
und ich träume hier gerade nur --,
aber könnten wir dann eines Tages
einen Milchshake ohne Kalorien herstellen,
der genauso wie der echte schmeckt?
Oder wir stellen fest,
dass wir es nicht können,
weil wir durch die Rezeptoren
in unserem Magen-Darm-Trakt
unterbewusst Kalorien erkennen.
Das wird die Zukunft zeigen.
Unser bewusstes Erleben von Lebensmitteln
ist nur die Spitze des Eisbergs
unserer gesamten Lebensmittelwahrnehmung.
Indem wir die gesamte
Wahrnehmung erforschen,
sowohl bewusst und unterbewusst,
bin ich überzeugt, dass wir leckerere
und gesündere Lebensmittel
für alle herstellen können.
Vielen Dank.
(Applaus)